Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden weltweit. Zwei Formen treten besonders häufig auf: Spannungskopfschmerzen und Migräne. Die Migräne ist ein wiederkehrender, meist einseitiger und pulsierender Kopfschmerz, der oft mit Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit einhergeht. Spannungskopfschmerzen hingegen äußern sich eher als drückender, beidseitiger Schmerz ohne Begleitsymptome. Beide Erkrankungen werden oft mit Medikamenten zur akuten Linderung behandelt. Doch was passiert, wenn diese Medikamente selbst zum Auslöser chronischer Kopfschmerzen werden? Genau das geschieht beim sogenannten medikamenteninduzierten Kopfschmerz. Im Englischen spricht man von „Medication-overuse Headache“, kurz MOH.
Medikamenteninduzierter Kopfschmerz ist eine sekundäre Kopfschmerzerkrankung. Sie entwickelt sich als Folge der übermäßigen Einnahme von Arzneimitteln zur akuten Schmerzbehandlung bei bereits bestehender Migräne oder Spannungskopfschmerzen. Nach aktuellen Schätzungen betrifft MOH etwa ein Prozent der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Besonders häufig betroffen sind Menschen mit chronischen Kopfschmerzen. Die Internationale Kopfschmerzklassifikation definiert chronische Kopfschmerzen als Kopfschmerzen, die an mindestens 15 Tagen pro Monat auftreten und über mindestens drei Monate bestehen. Von MOH wird hingegen gesprochen, wenn zusätzlich zu den Kriterien der chronischen Kopfschmerzen ein regelmäßiger Übergebrauch symptomatischer Kopfschmerzmedikamente besteht. Entscheidend ist also der übermäßige Gebrauch bestimmter Medikamente zur akuten Behandlung. Dazu zählen vor allem Triptane, die gezielt bei Migräne eingesetzt werden, Ergotamin-Präparate, die seltener verwendet werden, Kombinationspräparate mit Koffein sowie klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (Aspirin), Ibuprofen oder Paracetamol. Bei Triptanen, Ergotamin und Kombinationspräparaten reicht bereits eine Einnahme an etwa zehn Tagen pro Monat aus, damit ein MOH entstehen kann. Bei nicht-opioiden Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Paracetamol liegt die Schwelle bei circa 15 Tagen.
Warum sich ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz entwickelt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es wird vermutet, dass die wiederholte Medikamenteneinnahme zu Veränderungen im Schmerzverarbeitungssystem des Gehirns führt. Dadurch sinkt die Wirksamkeit der Mittel, während die Schmerzempfindlichkeit steigt. Betroffene nehmen die Medikamente dann noch häufiger ein, was den Kreislauf weiter verstärkt.
Besonders gefährdet sind Frauen, Personen mit bereits bestehender Migräne sowie Menschen mit psychischen Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Auch soziale Faktoren wie ein niedriger Bildungsstand oder eine eingeschränkte gesundheitliche Versorgung können das Risiko erhöhen. Die Diagnose wird häufig verzögert gestellt, da viele Betroffene den Zusammenhang zwischen der Medikamenteneinnahme und der Zunahme der Kopfschmerzen nicht erkennen.
Die wichtigste Maßnahme bei MOH ist die Reduktion oder vollständiges Beenden der Einnahme von Akutmedikamenten gegen Kopfschmerzen. Gleichzeitig spielt die Aufklärung betroffener Personen eine zentrale Rolle. Es gilt, den Zusammenhang zwischen regelmäßiger Medikamenteneinnahme und zunehmender Kopfschmerzfrequenz bewusst zu machen. Studien zeigen, dass ein pauschaler Entzug von Akutmedikamenten oftmals die Kopfschmerzhäufigkeit senkt. Auch eine begleitende Prophylaxe zur Verringerung der Kopfschmerztage kann sinnvoll sein.
Um MOH zu vermeiden, empfiehlt sich die konsequente Dokumentation der Kopfschmerztage sowie der Medikamenteneinnahme. Ein Kopfschmerztagebuch oder digitale Hilfsmittel können Ihnen dabei helfen, Muster rechtzeitig zu erkennen. Digitale Anwendungen wie die mediteo-App unterstützen Sie dabei, Ihre Beschwerden systematisch zu dokumentieren, den Überblick über eingenommene Medikamente zu behalten und Ihre Therapie gemeinsam mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt sinnvoll zu gestalten.
Quellen
- Efficacy of Atogepant in Chronic Migraine With and Without Acute Medication Overuse in the Randomized, Double-Blind, Phase 3 PROGRESS Trial | Neurology
- WHO: Headache disorders – Key facts. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/headache-disorders
- Raffaelli B et al. (2022). Practical management of medication-overuse headache. J Headache Pain. https://thejournalofheadacheandpain.biomedcentral.com/articles/10.1186/s10194-024-01755-w
- Ashina S, Terwindt GM, Steiner T J, Lee M J, Porreca F, Tassorelli C, Schwedt T J, Jensen R H, Diener H‑C, Lipton R B. Medication overuse headache. Nature Reviews Disease Primers. 2022;9:5.
https://www.nature.com/articles/s41572-022-00415-0 - Wakerley BR et al. Medication‑Overuse Headache: Update on Management. Life. 2024;14(9):1146.
https://www.mdpi.com/2075-1729/14/9/1146 - Hird M, Sandoe C. Medication Overuse Headache: An Updated Review and Clinical Recommendations on Management. Current Neurology and Neuroscience Reports. 2023;23:389–398.
https://link.springer.com/article/10.1007/s11910-023-01278-y - Diener H‑C et al. Management of Medication Overuse (MO) and Medication Overuse Headache (MOH) — S1-Leitlinie der DMKG. Neurological Research and Practice. 2022;4:37.
https://ihs-headache.org/wp-content/uploads/2022/08/DMKG-MOH-English-2022.pdf
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