Die digitale Transformation im Gesundheitswesen verändert nicht nur die Art, wie Therapien entwickelt und vermarktet werden – sie verändert auch, wie wir Patientinnen und Patienten verstehen. Während klassische Marktforschung oft auf retrospektiven Daten und hypothetischen Annahmen basiert, ermöglichen digitale Tools heute einen unmittelbaren, anonymisierten Einblick in das tatsächliche Verhalten von Patientinnen und Patienten im Alltag.
Durch die Verwendung von Gesundheitssoftware generieren Patientinnen und Patienten großen Mengen an Rohdaten im Kontext der realen Versorgung. Diese Daten, sogenannte Real World Data (RWD), bilden wiederum die Grundlage für Real World Evidence (RWE).
RWE ist nämlich das Ergebnis der systematischen Analyse von RWD – also die wissenschaftlich begründete Evidenz, die daraus gewonnen wird. Sie bietet eine neue Qualität der Evidenz: Sie zeigt, wie Therapien im Alltag tatsächlich wirken, wo Informationslücken bestehen und welche digitalen Angebote angenommen werden. Insbesondere für Pharmaunternehmen ergibt sich daraus die Möglichkeit, Maßnahmen datenbasiert zu priorisieren und gezielter auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten einzugehen.
Strategische Perspektiven für die pharmazeutische Industrie
Die Integration von RWD beziehungsweise RWE in strategische Prozesse eröffnet neue Möglichkeiten für Pharmaunternehmen. Darunter fallen beispielsweise:
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Validierung von Hypothesen aus klinischen Studien im Versorgungsalltag;
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Segmentierung von Patientengruppen auf Basis realer Nutzungsmuster;
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Evidenzbasierte Grundlage für Medical Content, Patient Support und Omnichannel-Strategien.
Diese Erkenntnisse sind nicht nur schneller und kosteneffizienter verfügbar als klassische Studien – sie sind auch näher an der Realität der Patientinnen und Patienten. So betont die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass Investitionen in digitale Informationssysteme und patientenzentrierte Datenanalysen entscheidend für nachhaltige Fortschritte im Gesundheitswesen sind.
Von der Beobachtung zur Beziehung: Patient Engagement neu definiert
Auf Grundlage der Beobachtung und des Verständnisses von Patientinnen und Patienten lässt sich wiederum das Patient Engagement steigern. Das kann sich im digitalen Kontext positiv auf die Nutzung von Gesundheitsanwendungen und somit wiederum vorteilhaft auf die Datenquantität und -qualität der gesammelten RWD auswirken. Hauptsächlich jedoch geht es bei Patient Engagement darum, Patientinnen und Patienten aktiv in ihre Versorgung einzubinden – nicht nur als Empfänger, sondern als Mitgestaltende.
Die WHO hebt in ihrem Global Patient Safety Report 2024 hervor, dass die Einbindung von Patientinnen und Patienten in die Versorgung ein zentraler Hebel für mehr Sicherheit und Wirksamkeit ist. So könne eine sinnvolle Einbindung von Patientinnen und Patienten das Schadensrisiko um bis zu 15 % senken.
Ein aktuelles Praxisbeispiel zeigt, wie digitale Anwendungen genutzt werden können, um Patientinnen und Patienten nicht nur zu begleiten, sondern auch besser zu verstehen. In einer kürzlich veröffentlichten Fallstudie wurde untersucht, wie sich das Verhalten und die Bedürfnisse einer bestimmten Patientengruppe durch eine digitale Lösung differenziert analysieren lassen – mit spannenden Erkenntnissen für Medical, Marketing und Patient Support.
Fazit: Zuhören, verstehen, gestalten
Die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegt nicht allein in der Entwicklung neuer Wirkstoffe, sondern auch in der Fähigkeit, zuzuhören. Digitale Tools ermöglichen es, Patientinnen und Patienten nicht nur zu begleiten, sondern währenddessen in stetiger Feedbackschleife auch von ihnen zu lernen. Für Pharmaunternehmen entsteht daraus eine neue Qualität der Nähe und die Chance, Versorgung nicht nur zu beobachten, sondern aktiv mitzugestalten.
Quellen
- https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/252269/9789241511629-eng.pdf
- https://www.who.int/about/accountability/results/who-results-report-2024-2025
- https://www.who.int/publications/i/item/9789240095458
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